in Kürze kommt der nächste Rundbrief der Haiti-Kinderhilfe, in dem die Projekte, die wir schon in Gang gesetzt haben, vorgestellt werden. Er ist schon fertig, aber noch berät der Vorstand darüber. Da es der aktuellste UN-Bericht zu Haiti nicht mehr in die Ausgabe geschafft hat, berichte ich einfach jetzt direkt davon - und mache Euch gleich auch schon neugierig auf den Rundbrief...
Die Minustah hat die in Haiti tätigen Hilfsorganisationen davor gewarnt, dass die Regenzeit so ganz allmählich in die Hurrikansaison übergeht. Schon jetzt regne es nicht mehr nur einfach, oft komme es zu teils schweren Gewittern mit heftigen Windstärken. Vor allem im Landessüden komme es seit Ende Mai regelmäßig Hochwasser führenden Bächen und Flüssen, Überschwemmungen der Ortschaften und Erdrutschen. Tage mit 120 mm Niederschlägen auf den Quadratmeter seien jetzt die Regel. Ähnlich hatte sich auch Schwester Marthe geäußert, mit der Stephan vergangene Woche endlich einmal telefonieren konnte. Sie und ihr Team betreuen mittlerweile in 20 Lagern 1.800 Kinder. Der Großteil der Kinder schlafe auf dem Boden, und allmählich sei das nicht einmal mehr den abgehärtetsten Straßenkindern zuzumuten. Für die kranken Kinder konnten wir ihr bereits eine ärztliche Behandlung zusagen.
Foto: Logan Abassi, Minustah
Die meisten medizinischen Nothelfer sind mittlerweile abgezogen worden. Unsere amerikanische Freundin Barbie tankt nach vier Monaten ununterbrochenem Einsatz in Haiti momentan in Alaska Kraft, ehe sie von ihrer Hilfsorganisation zur nächsten Katastrophe geschickt wird. Dr. Guerlaine Laplanche, die ärztliche Leiterin der Klinik „Notre Dame de Lourdes“, meldete, dass die niederländischen Ärzte ihre Zelte vor dem Krankenhaus abgebrochen haben. Der Nachschub an Medikamenten, Infusionen und Binden funktioniere deshalb nur noch eingeschränkt, und es gebe Tage, an denen die Arbeit komplett ruhe. Im großen Miami-Field-Hospital am Flughafen wurde die Zahl der Ärzte auf ein Drittel reduziert. Seit Mai werden nur noch einmal pro Monat Spezialisten eingeflogen, die dann plastische, kardiologische oder neurochirurgische Eingriffe vornehmen.
Aber zurück zum UN-Bericht: Der Weltsicherheitsrat beschloss bei seiner Sitzung am 28. Mai eine deutliche Aufstockung der Polizeitruppe, die schon ab 1. Juni innerhalb des Blauhelmeinsatzes in Haiti für die Sicherheit des Landes sorgen soll. Zur Verstärkung der örtlichen Polizei wurden 680 ausländische Beamte nach Haiti entsandt, so dass nunmehr 4.391 Polizisten die haitianischen Kräfte unterstützen.
Der Kommission, die vorübergehend die Regierungsgeschäfte leitet, bescheinigte die UNO wörtlich einen "slow start", also einen langsamen Start. Auf Initiative der UNO wurden die politisch Verantwortlichen und die in Haiti vertretenen Helfer zu einem kleinen Gipfel ins dominikanische Punta Cana geladen. Die Teilnehmer seien jedoch davon ausgebremst worden, dass sowohl ausländische Regierungen dem Treffen fernblieben als auch Präsident René Préval es verweigere, die Position des Wiederaufbaukoordinators der Regierung zu besetzen. Ein neues Arbeitstreffen wurde für den 14. Juni anberaumt. Zu dem Termin soll sich ein Wiederaufbaurat konstituieren, der dann (persönliche Anmerkung: hoffentlich) die Arbeiten beschleunigen und koordinieren soll. Doch nicht nur in Haiti werde Zeit vertan. UN- und haitianische Behörden warteten noch immer auf die Freigabe der bei der Geberkonferenz zugesagten Hilfsgelder. Momentan sei unklar, woran die Überweisungen scheiterten, aber die Mittel flössen zurzeit nicht, obwohl Premierminister Jean-Max Bellerive 60 Projekte ausgewählt habe, mit denen begonnen werden solle.
Foto: Logan Abassi, Minustah
Offensichtlich stellt sich nun auch bei den professionellen Helfern der UNO die Erkenntnis ein, dass bei allem Erreichten fünf Monate nach der Katastrophe noch nicht genug getan wurde und wird. Leider werden aber die Mitarbeiter, die diese Erfahrung nun gemacht haben, spätestens in einem Monat wieder abgezogen, um sie nicht zu lange dem Trauma auszusetzen. Nur echten Haitianern kann man offenbar zumuten, länger als drei Monate unter solchen Bedingungen ausharren zu müssen.
Kenbé fèm (Der Kampf geht weiter) hat in Haiti das traditionelle „Bon jou“ (Guten Tag) abgelöst. Treffender kann es mal wieder niemand sagen.
Liebe Grüße,
heike
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