Dienstag, 21. Dezember 2010

ausstellung und bescherung

Liebe alle,


auch in Haiti bricht trotz aller Unruhen allmählich Weihnachtsstimmung aus. Für die Restavek hat Schwester Marthe viertelweise die Bescherung abgehalten. Die Kinder wurden auch aus den entlegensten Ecken der Stadt angekarrt, um ihre Handarbeiten präsentieren zu dürfen und zugleich kleine Säckchen mit nützlichen Geschenken in Empfang zu nehmen.




Nach Schwester Marthes Bericht erhielten viele Mädchen auch Röcke, die in den vergangenen Wochen in den Zelten in Kafoufèy genäht worden waren. Allerdings seien viele der jugendlichen Restavek wegen der politischen Demonstrationen aus Angst vor Übergriffen dem gemeinsamen Handarbeiten fern geblieben, bedauerte Schwester Marthe. Gerade in diesem Viertel sei es schon im Wahlkampf und auch im Anschluss an den Urnengang täglich zu exzessiver Gewalt gekommen. Die Monitorinnen vor Ort - Frau Muskaden, Madame Jak, Junia Nadesh und Frau Meyes - hätten sich mit jeder Gruppenaktion in Gefahr begeben. Man könne sich die Zustände kaum vorstellen. Alle Straßen seien dort blockiert, wirklich überall und tagelang brannten Barrikaden.



Der eigentliche Plan, auch die nötige Unterwäsche für die 2.000 Restavek-Kinder selbst zu schneidern, sei allerdings gescheitert. Nirgendwo in Port-au-Prince sei geeigneter Stoff dafür erhältlich gewesen. Im Nachhinein habe sich das als Segen herausgestellt, denn die Arbeit wäre schon unter den erschwerten Bedingungen nach der Wahl nicht zu leisten gewesen, darüber hinaus sei auch noch die Schneiderin Marie Thorchon zwischenzeitlich schwer erkrankt und in der Dominikanischen Republik operiert worden. Die Verteilung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, habe man aber aus zwei Gründen abgelehnt. Zum einen sollte es auch für die Restavek kleine Weihnachtsgeschenke geben, zum anderen hätten die beiden Konsularärzte Dr. Lafontan und Dr. Seejournee dringend dazu geraten, den Kindern bald Unterwäsche zu besorgen. Immerhin sei es aber gelungen, die Schlüpfer zu einem Großhandelspreis zu kaufen, der sogar unter dem des kalkulierten Stoffpreises gelegen habe.


Gemeinsam mit Seifen, deren Anschaffung die deutsche Hilfsorganisation Kindernothilfe finanziert habe, seien dann nette Säckchen für die Kinder zustande gekommen. Mit der Unterwäsche und den Seifen könne hoffentlich das Infektionsrisiko bei den Restavek gesenkt werden, so dass sie sich weder erkälteten noch an Cholera erkrankten. Da allerdings die meisten Kinder noch immer nur unter Planen oder sogar Zelten aus Karton direkt auf dem Boden schliefen, müsse man über kurz oder lang über eine Verteilung von Matratzen nachdenken. "One year after the earthquacke our poorest of the poor did not see much of the aid coming into Haiti for the needed", also "Ein Jahr nach dem Erdbeben haben die Ärmsten der Armen noch nicht viel von jener Hilfe erfahren, die an die Bedürftigen in Haiti geschickt worden war", schrieb Schwester Marthe wörtlich. Und da die Not so groß ist, habe man den Kindern auch dazu geraten, die Unterwäsche gleich nach der Bescherung zu verwenden und nicht erst die echten Feiertage abzuwarten.


Bei den Weihnachtsfeiern seien zudem 13 Restavek im Teenageralter mit Klamotten ausgestattet worden. Der belgische ICM-Orden habe diese Grundausstattung für die Jugendlichen bezahlt, die von ihren Familien freigelassen wurden und sich jetzt selbst durchschlagen wollten. Alle Betroffenen hätten sich dabei als ehrenamtlich arbeitende Monitore verpflichtet, die sicher besonders guten Zugang zu den Restavek auf den Märkten hätten, weil sie ihnen noch so nahe stünden.


Was für hoffnungsfrohe Nachrichten, oder? Gerade rechtzeitig zum Weihnachtsfest und in diesen schwierigen Zeiten...

Liebe Grüße,
heike

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