der jüngste Bericht von Hubert Heubuch, dem Gründer unseres ti-solèy-Projekts, der ihm zurzeit in Haiti Starthilfe gibt, umfasst sehr viele verschiedene Themenbereiche. Hubert und sein Team hatten in den vergangenen Tagen sehr viele verschiedene Termine und Aufgabenstellungen, die er jetzt zusammengefasst hat. So traf er sich mit Claudine und Irina vom YY Haiti Project, dem haitianischen Ableger der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Grameen-Bank. Grundsätzlich hatte Hubert ja mit den deutschen Verantwortlichen des Projekts über die Lampen und ihre Verbreitung vorberaten, aber auch die beiden haitianischen YY-Vertreterinnen waren von dem Produkt und der Marktidee angetan. Laut Claudine sei der Rauch der Kerosinlampen, die am weitesten in dem Land verbreitet sind, die Hauptursache für Krebs in Haiti. Solarlampen seien daher nicht nur umwelt-, sondern auch gesundheitsfreundlich. Die YY-Managerinnen empfahlen für eine weite Verbreitung des Produkts Werbe- und Verteilaktionen in Schulen auf dem Land. Beide Frauen hatten sich auch schon die Biogasanlage angesehen und würden immer noch von den Rühreiern schwärmen, die ihnen damals aufgetischt worden seien, schrieb Hubert. Sie hofften, dass evoltic auch dafür einen Businessplan einreichen werde. Zugleich rieten sie dazu, dem geplanten evoltic-Energieunternehmen zunächst mit einer Stiftung Starthilfe zu geben. Laveus, ein im Patenschaftsprogramm ausgebildeter Buchhalter, werde sich um die dafür nötigen Schreibarbeiten kümmern.
E'timville |
Sehr bewegend sei die Auslieferung der ti-solèy-Lampe an sein eigenes Patenkind gewesen. Die 14-jährige Francesca erhielt die erste Lampe aus haitianischer Produktion! Doch zuvor führte das Mädchen ihn 15 Minuten lang in einem gnadenlosen Zickzack von Trampelpfaden durch E’timville, einem Slum in den Bergen von Pétionville, wo sie mit ihrer Familie – dem Vater, zwei älteren Brüdern und zwei jüngeren Schwestern – in einer Hütte mit etwa drei auf vier Metern lebt. Da die Mutter schon gestorben sei und der Vater als Wachmann arbeite, seien die Jungs und Francesca für den Haushalt und die Erziehung der beiden kleineren Geschwister verantwortlich. Die Familie habe Francescas Paten zwar erwartet, aber mit der Lampe habe er sie überrascht. Der Vater sei begeistert gewesen, weil die Stromversorgung in seinem Viertel sehr unzuverlässig sei (wo nicht in Haiti?) und sich die Familie bisher immer mit ihrer rußenden Kerosinlampe herumschlagen musste. Die Jungs und Francesca zeigten sich beim Feldversuch in der dunklen Hütte von der Leuchtkraft der Lampe überzeugt. Jetzt könnten sie manche Arbeiten in den Abend hinein verschieben, und es falle leichter, sich trotz der Ganztagsschule um alle Arbeiten zu kümmern. Francesca versprach, genau Buch über den täglichen Gebrauch der ti-solèy-Lampe zu führen und alle zwei Wochen einen Bericht darüber zu verfassen. Für Hubert war der Termin natürlich für die Projektarbeit wichtig. Aber privat habe ihn das Treffen mit seinem Patenkind fast überwältigt. Es sei schon nochmal etwas ganz anderes, die Lebensumstände des jungen Mädchens hautnah zu erleben, dem über den gesponserten Schulbesuch tatsächlich eine Perspektive eröffnet werde. Francesca habe ihn und seinen Begleiter übrigens aus dem Wirrwarr des Viertels herausführen müssen. Allein hätten die Ortsfremden niemals wieder aus dem Labyrinth herausgefunden…
Ganz nebenbei steigerte Hubert außerdem den Umsatz einer Straßenhändlerin. Die Frau hatte am Abend versucht, Amerikaner von ihren in Haiti gefertigten Tchaka-Taschen zu überzeugen. Als Hubert Licht ins Dunkel brachte, griffen die Kunden letztendlich zu, weil sie die Produkte endlich auch sehen konnten. Der Gewinn habe zwar noch nicht für die Anschaffung einer Lampe gereicht, aber die Händlerin habe ernsthaft über einen Kauf nachgedacht, weil sie jedem Kunden einige Taschen verkauft hatte – inklusive Hubert! Sie habe noch nie 100 Prozent der abendlichen Verkaufsgespräche zu einem Abschluss bringen können, versicherte sie Hubert.
Die Produktionsseminare für die Lampen starteten jeweils mit viel Enthusiasmus, berichtete Hubert weiter. Allerdings breche dadurch auch leicht Chaos aus. Es sei eine große Herausforderung, strukturiertes und organisiertes Arbeiten zu etablieren. Das engere Team habe deshalb vereinbart, noch während seines Aufenthalts einen Arbeitsplan und Qualitätsstandards auszuarbeiten. Highlight des jüngsten Arbeitstages seien übrigens die Spaghetti gewesen, die Marie-Shella auf jenem Kocher zubereitet habe, der aus der Biogasanlage gespeist werde. Nachhaltig produziertes Essen für das Erneuerbare-Energien-Team!
Huberts Fazit zu seiner vergangenen Woche in Haiti: „Ich habe ein großartiges Team und viele andere interessante Menschen getroffen. Jeden Tag eröffnen sich mir neue Ideen, und ich muss mich zusammenreißen, um mich nicht zu verzetteln.“ Es gibt einfach immer noch viel zu viel zu tun.
Liebe Grüße,
heike
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