heute habe ich die Fotos von Stephan zugeschickt bekommen. Die Kopfwunde des verletzten Patenkinds Emmanuel verheilt schön, ihm fehlt es aber an ärztlicher Nachversorgung. Stephan zeigte sich sehr verwundert, dass eine solche Naht unter den hygienischen und klimatischen Bedingungen ohne Entzündung überhaupt verheilen kann. Die Familie Assous lebt auf dem nackten Erdboden unter einer Plane, die sie selbst kaufen musste. Für niemanden in der fünfköpfigen Familie gibt es auch nur eine Matratze, die Familie hat weder Kochutensilien noch Wechselwäsche. Von internationaler Hilfe haben die Assous noch nichts gespürt. Ähnliche Verhältnisse fand Stephan in einer zweiten Patenfamilie vor, deren Namen er leider nicht mitgeteilt hat. Dort traf er auf ein halbseitig gelähmtes Kind, das noch kein Arzt gesehen hatte, das auf dem blanken Boden lag und das einen Geruch verströmte, der nach Amputation roch.
Für genau solche Kinder wird unser Programm zur kostenlosen medizinischen Behandlung von Kindern in der Tagesklinik des "Centre de Santé de Notre Dame de Lourdes" sein. Das Projekt nimmt Formen an. Die ärztliche Leiterin, Dr. Guerlaine Laplanche, und Stephan besprechen momentan die Details der Abrechnung - auch in Haiti wird sozusagen über Fallpauschalen und Kopfprämien diskutiert... Immerhin, es stehen nur noch zwei Varianten zur Debatte, der Haiti-Kinderhilfe-Vorstand wägt zurzeit deren Risiken ab und wird in Kürze eine Entscheidung treffen. Wir halten Euch auf dem Laufenden.
Auf dem Henfrasa-Gelände sind inzwischen UN-shelter-boxen, also regensichere Zelte, verteilt worden. Auch gibt es mittlerweile Waschgelegenheiten und Latrinen. Die Bilder sprechen für sich. Ich denke, wir haben mehr Innenausstattung beim bescheidensten Campingurlaub...
Wasserverteilstelle des deutschen THW
Derzeit versuchen wir außerdem, bei der UNO 100 shelter-boxen für unsere Patenkinder und ihre Familien zu erhalten, damit Emmanuel und Co ein regensichereres Dach über den Kopf erhalten. Es regnet bereits jeden Abend für etwa eine Viertelstunde, und da entstehen schon kleine Sturzbäche. Als registrierte NGO haben wir zwar Anspruch auf die Zelte, aber da viel zu wenige Port-au-Prince erreicht haben, entscheidet der Koordinator nach Dringlichkeit. Mal sehen, ob wir die Verhältnisse dramatisch genug geschildert haben. Wir bauen darauf, dass die UN-Verteilwege noch immer nicht ausgebaut sind, und die Verantwortlichen vielleicht froh sind, wenn wir die Ausgabe übernehmen. Auch hier halten wir Euch natürlich auf dem Laufenden.
So viel für jetzt, Kenbé fem und liebe Grüße,
heike fritz
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