Händlerinnen an der Straße |
Morgens mussten wir ca. 30 Min in der Schlange warten um überhaupt in die Bank zu kommen. Anschließend in der Bank wartete ich nochmals 30 Min um einen zerrissenen 1000-Gourdes-Geldschein zu wechseln. Roswitha musste ebenfalls lange warten bis sie an der Reihe war. Im Dezember hatten wir acht vermeintlich gestohlene Schecks sperren lassen. Nur teilte uns die Bank damals nicht mit, dass sie nicht nur die Schecks sperrt sondern das ganze Konto lahm legt. Heute wollten wir die ausstehenden Kontoauszüge seit Oktober abholen sowie das Konto wieder entsperren lassen. Das sollte aber nicht so einfach sein. Erst wenn eine Einverständniserklärung abgegeben werde, könne das Konto reaktiviert werden. Wir hätten aber die Möglichkeit das Geld bar abzuheben bzw. ein neues Konto zu eröffnen. Das benötigte Bargeld um Baumaßnahmen, Material, Lehrergehälter für etliche Monate zu bezahlen beläuft sich auf mehrere Tausend USD. Damit auf die Straße zu gehen wäre mehr als unverantwortlich, das wäre sogar lebensgefährlich. Ein neues Konto zu eröffnen und Scheckhefte zu bestellen würde auch wieder mehrere Wochen dauern. Auch keine gute Idee. Wir wollten uns beraten, wie wir vorgehen könnten, da der nächste Termin auf dem Immigrations-Amt um 10.00 Uhr war, hatten wir es auch noch eilig und wollten am Nachmittag wieder bei der Bank vorbei kommen. Auf dem Immigrations-Amt mussten wir uns platzieren für eine „petite minute“, aus der dann 2,5 Stunden wurden in denen wir vollkommen vergessen der Dinge harrten. Keiner fühlte sich mehr für uns zuständig und ab 12 Uhr schon war auch mit dem Handy niemand mehr zu erreichen. Um halb ein Uhr verließen wir total entnervt das Amt. Ich fühlte mich um 20 Jahre zurück versetzt als ich mit meinen zwei KIndern im Schlepptau täglich dort auf deren Pässe wartete und immer wieder auf den nächsten Tag vertröstet wurde. Dabei sind jede Menge dort Beschäftige anwesend. Jedoch nur der kleinste Teil arbeitet tatsächlich. Dieser wahnsinnige Puffer an Bürokratie verhindert sicher auch eine Besserung der Verhältnisse in Haiti. Welcher Investor hat schon Lust sich solcher Behörden- Willkür und Unsicherheit auszusetzen. Aber auch in der Bank konnte ich die Tendenz feststellen, drei von 10 Schaltern besetzt aber jede Menge Personal im Schalterraum nur abwartend rumstehen, auf Kosten der Stunden lang wartenden Menschen, die wahrscheinlich für jeden Bankbesuch einen Urlaubstag nehmen müssen.
Beim Warten vor der Bank kamen wir mit zwei „marchandes“ ins Gespräch. Die beiden Frauen betreiben einen Obst-Gemüse-Wagen direkt an der Straße. Diese kleinen Karren sind seit einigen Monaten in Petionville in Betrieb. Von der Stadt zum Kauf angeboten kosten sie etwa 2000 USD oder jede Woche eine Miete von 1000 Gourdes was etwa 25 USD entspricht. In einem Land, in dem viele Menschen nicht mal einen Dollar pro Tag verdienen ist dies ein stolzer Mietpreis.
Nachmittags trafen wir uns mit den Ingenieuren unseres Projektes um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Auf dem Rückweg zum Montagne Noire holten wir noch einige der deponierten Kisten bei Fam. Laplanche ab und erfuhren dort von der Tochter des Hauses, dass in einem Krankenhaus in Cité Soleil, in dem deren Ehemann als Arzt tätig ist, die Chimären ( Schergen des ehemaligen Präsidenten Aristide) dort immer noch ihr Unwesen treiben und die Ärzte und Angestellten an ihrer Arbeit hindern, wenn diese sich nicht an Schutzgeldzahlungen beteiligen sollten. Die Ärzte verzichten diesen Monat auf ihr Gehalt um der unglaublichen Forderung nachzugeben. Sich an die Polizei zu wenden hat wohl überhaupt keinen Sinn. Alle haben Angst, dass womöglich noch Schlimmeres passiert und die Patienten im schlimmsten Slum der Stadt hätten dann womöglich gar keine Anlaufstelle mehr.
Für morgen sind Manifestationen angesagt, einer der Demonstrationszüge soll sich ab 9.00 Uhr von der Stadt hinauf nach Petionville bewegen. Wir müssen morgen wieder runter und hoffen sehr, dass wir am Abend den Termin mit dem Solarplaner ohne Probleme wahrnehmen können. Unser Terminplan ist inzwischen total über den Haufen geworfen. Heute haben wir etwa 0,0% unserer für heute geplanten Vorhaben erfolgreich zu Ende gebracht. Frust….....
Cornelia Rébert-Graumann
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