Liebe FreundInnen Haitis,
die nächste Katastrophe droht: die Regenzeit. Ein haitianischer Radiobeitrag vom Sonntag, den ich mal versucht habe, zu übersetzen, ist unter dem Titel "In Haiti beginnt der Alptraum" ausgestrahlt worden - und hat mir in Deutschland Alpträume verursacht:
Am vergangenen Wochenende sind die meisten Niederschläge der vergangenen Wochen in Haiti gefallen. Einige der Notunterkünfte sind bereits in Massen von Schlamm versunken, die Situation der unter Planen und Zelten hausenden obdachlosen Überlebenden des Erdbebens hat sich drastisch verschlechtert. Die Familien in den Lagern sind erneut in Panik versetzt worden. Im südwestlichen Landesteil von Haiti sind nach einem Erdrutsch infolge der Regenfälle mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Ganze Landstriche haben sich bereits in Teiche verwandelt, andere Regionen sind überzogen von aufgeweichter Erde und Fäkalien aus den provisorischen Latrinen. Tausende Menschen gruben mit Eimern in den Schlammmassen nach den wenigen Habseligkeiten, die ihnen nach dem Erdbeben ohnehin nur geblieben waren. Allerorten hallten Schluchzen und Schreie durch die Nacht und machten die unendliche Verzweiflung der Betroffenen hörbar.
In Port-au-Prince rissen die Wassermassen an den Hängen eines ehemaligen Golfplatzes, wo sich ein Notlager für etwa 45.000 Menschen gebildet hatte, einige Verschläge mit ins Tal. Selbst eines der großen, schweren Zelte, das von einer israelischen Hilfsorganisation als Schule errichtet worden war, hielt nicht stand. "Wir hatten eine alptraumhafte Nacht“, berichtete Jean Fritznel. Er habe sie in seinem Camp in Pétion-Ville im Schlamm stehend verbracht und dabei seine beiden schlafenden Kinder im Arm gehabt. Auch das Viertel um den Präsidentenpalast, Champs de Mars, stand stundenlang unter Wasser. "Mein Zelt hat den Regen nicht ausgehalten“, sagte Jean-Louise Lalanne. Die einzige Plane, die als Dach ihres Verschlags gedient hatte, sei in der Nacht gerissen und hätte über ihren drei Kindern, unter ihnen ein 15 Monate altes Baby, eine Flutwelle ergossen. "Die UNO-Shelter sind witterungsbeständig, nicht aber die Tausenden Verschläge aus Stoffbahnen und Holzstangen, in denen der Großteil der obdachlos gewordenen Haitianer seit dem 13. Januar lebt“, erklärte Jonah Ford, einer der Verantwortlichen des Lagers in Champs de Mars. Laut Jim Wilson von der Hilfsorganisation Praecipio herrscht das reinste Chaos. Mit bloßen Händen oder maximal einigen Stöcken hätten Menschen Gräben um ihre Unterstände gezogen. Ein Camp am Rande der Slums von Cité Soleil sei komplett von Regen und Schlamm überzogen und unbewohnbar geworden.
Auf Baradere bei Les Cayes seien die Wassermassen auf eine Höhe von bis zu 1,50 Metern angestiegen. Fünf Menschen seien in Jelly bei Les Cayes ums Leben gekommen, als ihr Fahrzeug im Schlamm umkippte, erklärte Senator Francky Exius. Zwei andere seien von den reißenden Wassermassen des Flusses Pont l'Islet mitgerissen worden. "Die Lage in der Region um Les Cayes ist ernst . Die meisten Häuser sind überflutet, und die Menschen waren gezwungen, sie aufzugeben“, sagte der Abgeordnete. Auch das Krankenhaus der drittgrößten Stadt das Landes stehe unter Wasser, die Patienten hätten abtransportiert werden müssen. Guy Gerard George, Lokalpolitiker in Les Cayes, meldete, dass sich auf der wichtigsten Verbindungsstraße in den Süden der Asphalt gelöst habe. Die teils großen Bruchstücke seien von den Fluten weggeschwemmt worden und hätten zahlreiche Häuser beschädigt. „Zum Glück waren die meisten schon verlassen“, sagte er. Nach weiteren Opfern könne man sicher erst nach den Unwettern suchen. Die Nothelfer im Süden forderten weitere Hilfen für das Land. Die bislang ausgegebenen Zelte und Planen reichten bei weitem nicht aus, um die unzähligen obdachlosen Überlebenden vor den aufkommenden schweren Regenfällen, den Schlammlawinen und Erdrutschen zu schützen. Das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten/OCHA setzte über 20 Standorte von Notlagern auf die Liste jener Camps, die noch vor Beginn der Regenzeit geräumt werden müssten. Es werde alles versucht, um genügend stabile Zelte zu erhalten und die Vorräte zu verteilen, betonte OCHA-Sprecher Francois Hurtubise. Aber der Regen komme schneller als der Nachschub.
Vielen Dank für all Eure Spendensammel-Aktionen, wir können gar nicht genug Geld auftreiben für die vielen Aufgaben, die anstehen,
liebe Grüße,
heike & Stephan
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