Dienstag, 24. April 2012

Wo Bildung unbezahlbar ist

In Haiti kann jeder zweite Erwachsene nicht lesen und schreiben. Mancher Lehrer muss nebenbei Hühner züchten, um zu überleben.
In der Kirche von Thomazeau treibt Jean-Marc Valbrun seine Schützlinge an wie ein Besessener. Aufstehen – hinsetzen – aufstehen – hinsetzen – aufstehen: Immer und immer wieder springen die Chorkinder aus der Schule St. Michel auf sein Kommando von den Bänken und hocken sich wieder hin, und dabei singen sie aus voller Kehle, was der Lehrer ihnen vorgibt.
Den ganzen Artikel gibt es unter dem folgenden Link:
http://www.berliner-zeitung.de/politik/haiti-wo-bildung-unbezahlbar-ist,10808018,14977850,item,0.html

Montag, 23. April 2012

Schlammkekse

von Hermann Abmayr
In vielen Berichten über das Elend in Haiti werden dünne, getrocknete Tonscheiben gezeigt. Arme Haitianer essen diese angeblich, aus Hunger. Das stimmt so nicht. Es handelt sich um ein Heilmittel.
Den ganzen Artikel gibt es unter folgendem Link:
http://www.kontextwochenzeitung.de/newsartikel/2011/09/schlammkekse/


Mittwoch, 18. April 2012

Ti André ist da

Gestern ist André nun endlich in Deutschland angekommen, morgens um 5. oo Uhr in Frankfurt gelandet. André ist ein Patenkind der ersten Generation. Er ist 27 Jahre alt und steht kurz vor seinem Diplom als Chemiker. Seit etwa einem Jahr hat er eine Praktikantenstelle bei einer haitianischen Pharma-Firma, die ihn jetzt beurlaubt hat, damit er ein Praktikum bei Hoffmann La Roche machen kann. Vorher muss er seine Deutschkenntnisse verbessern und zwar beim Goethe-Institut in München. Den Flug über die Dom.Rep. hat Condor spendiert, den Deutschkurs das Goethe-Institut, und Hoffmann La Roche zahlt eine monatliche Aufwandsentschädigung, so dass André damit über die Runden kommt. Dass dies alles endlich wahr wurde, hat André den Mitgliedern des alten und neuen Vorstandes der Haiti-Kinderhilfe zu verdanken, die sich seit einem Jahr um Flug, Unterkunft, Praktikumsplatz und Deutschkurs bemühten. Endlich hat alles geklappt. Noch Ende März war nicht klar, wann die Papiere vollständig sein würden und ob der Abflugtermin fest gemacht werden könnte.
Eine tolle Chance für André. Und wohlverdient. Er war die vergangenen Jahre der „Chef“ des haitianischen Patenschafts-Komités und hat neben seinem Studium und Jobs immer noch Zeit gefunden sich ehrenamtlich im Komité einzubringen.
Ich wünsche ihm einen tollen Aufenthalt in Deutschland und viele schöne und interessante Erlebnisse.
Conny Rébert-Graumann

Donnerstag, 12. April 2012

Mathematik für Brotkäufer......

Kauf eines Plateau haitianischen Brotes.
Morgens auf dem Weg zu henfrasa wollten wir das Brot für unser Mittagessen beim fliegenden Bäcker kaufen, der mit seinem vollgeladenen Korb auf dem Kopf auf Verkaufstour war. Wir hielten an. Roswitha bat um den Preis. Der marchand bat einen Vorbeigehenden ihm zu helfen den Korb vom Kopf zu heben. Die Brot-Plateau sind rechteckig und jeweils mit drei Reihen á vier Brötchen, also 12 Stück bestückt. Ok, der Preis für ein Plateau sollte zuerst mal 20 Haiti Dollar betragen. Nach Verhandlungen kamen wir dann endlich bei 15 Haiti Dollar an. Roswitha wollte noch ein wenig runter, weil dies der Preis für „blancs“ ist. Nach richtig lautem Palaver, die umliegenden Nachbarn kamen schon aus ihren Häusern, sagte Roswitha, dass er doch froh sein sollte wenn wir fünf Plateau kaufen würden, das müsste er dann schon nicht mehr den Berg rauf schleppen. Nein, er wolle 15 Dollar für das Plateau. Na, dann wird es halt nichts mit dem Geschäft. Roswitha fragt zum Abschluss noch, was denn ein einzelnes Brötchen kosten solle. Marchand: „1 Haiti Dollar…………..“
Conny Rébert-GraumannP.S. Wir wurden uns dann doch noch einig und der Marchand konnte mit fünf Plateau Brot weniger auf dem Kopf weiter den Berg hochsteigen.

Mittwoch, 11. April 2012

Zwei Tage am Strand

Am Mittwochmorgen schlugen uns Michelle und Peter, unsere Gastgeber vor, dass wir gemeinsam noch für zwei Tage an den Strand fahren sollten. Sie hätten Zugriff auf ein Strandhaus von Freunden. Nach anfänglichem Zögern, weil uns eigentlich die Zeit davon rennt, war aber dann der Wunsch endlich mal weg aus Port-au-Prince zu kommen und zwei Tage Ruhe zu haben, einfach größer. Nach über drei Wochen ohne Pause  nichts als Arbeiten, Organisieren, Container und Projekte  erschien uns die Vorstellung ans Meer zu fahren einfach himmlisch. Wir versuchten unsere Donnerstag- und Freitagtermine noch ein wenig zu verändern, um tatsächlich zwei freie Tage zu bekommen. Am Mittwoch hatten wir dann auch volles Programm mit Schwester Marthe, Lagerhalle, Krankenhaus, Patenschaftskomité, Endplanung Billiguy. Am Abend reichte es kurz vor Schluss um 21.oo Uhr noch schnell in den Supermarkt um ein wenig Proviant für die Fahrt am nächsten Morgen zu kaufen. Daheim am Montagne Noire schnell noch ein paar Kleidungsstücke eingepackt, geduscht und todmüde ins Bett. Wir sind dann am Donnerstag schon vor 5 Uhr morgens aufgebrochen, Richtung Westen nach Petit Goave. Alles war noch stockdunkel, aber doch schon ein ziemliches Gewühle auf der Straße. Im Dunkeln zu fahren ist hier absolut anstrengend. Alle fahren mit aufgeblendeten miserabel eingestellten Scheinwerfern mitten auf der Straße. Kein Seitenstreifen ist zu erkennen, und so auch nicht die Fußgänger.
Früher fuhr man von Port-au-Prince durch Carrefour hinaus aus der Stadt. Dann kamen  irgendwann ganz klein die Städtchen Gressier und Leogane, danach nichts außer Natur. Irgendwann vor der Abfahrt nach Jacmel war ein Marktplatz und man fuhr idyllisch über die Berge nach Jacmel. Jetzt hat man das Gefühl, dass man immer durch bebautes Gelände fährt und Port-au-Prince direkt in die nächste Stadt übergeht. Erst hinter der Abfahrt nach Jacmel endet das stark bebaute Gebiet und es gibt endlich karibische tropische Natur. Wir fahren einige Kilometer und biegen dann rechts auf eine versteckte Sandstraße. Nach 1 km erreichen wir eine kleine Bucht. Hier haben reiche Haitianer Ihre Strandhäuser. Das Meer ist wirklich türkisblau wie auf Kitschfotos über die Karibik. In der Bucht sind Fischer mit Einbaum-Booten unterwegs, und wir sehen einige junge Männer tauchen und mit Pfeil und Bogen Fische jagen. Ja, alles ist wunderschön, aber wir sind irgendwie körperlich am Ende. Ich bin schrecklich erkältet, habe fast keine Stimme mehr und huste was das Zeug hält. Roswitha ist vollkommen übermüdet und schläft nach unserem Frühstück sofort ein. Julia und ich schwimmen erst mal eine Runde in dem seidigen, klaren Wasser. Unter uns ein Korallenriff mit wunderschönen bunten Fischen. Stunden lang kann man in dem warmen Wasser aushalten.

Die Köchin verwöhnt uns am Nachmittag  mit auf einer kleinen Feuerstelle gegrillten Lambis. Das sind Muscheln, die ins Feuer geschmissen werden und nach einiger Zeit, wenn sie ausgeschäumt haben, die Schale weggeklopft wird, anschließend mit Zitrone und scharfer Soße gegessen wird.
Die Köchin kaufte bei den Fischern noch kleine Fische und am Abend gibt es diese mit Kochbanane und Süßkartoffeln. Weil es keinen Strom gibt, nur Petroleumlampe, gingen wir schon früh ins Bett. Roswitha und ich schauen uns noch lange den Sternenhimmel an und überlegen, ob wir nicht irgendwie im Freien schlafen könnten, da es im Haus immer noch heiß ist. Zum Glück schleiften wir nicht die Matratzen hinaus, denn es setzte ein wahnsinniger tropischer Regen ein. Wir hatten echt Angst, dass es uns wegschwemmen würde.

Am Freitagmorgen war aber wieder tropischer blauer Himmel – die Nacht vergessen. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit unwahrscheinlich leckeren unbekannten Mangosorten und herrlicher Papaya machen wir einen Strandspaziergang. Kilometer weit kann man laufen, nur Hühner, Ziegen und Korallen. Einige Strandhäuser sind vom Erdbeben zerstört, unbewohnbar geworden. In ein kleines Häuschen dringen wir ein und finden einen wunderbaren kaum zerstörten Fussboden aus haitianischem Marmor vor. Der Rest des Hauses ist allerdings ziemlich demoliert. Nach zwei Stunden Wandern in der inzwischen ziemlich großen Hitze, kehren wir wieder zurück, vollbepackt mit Muschel- und Korallenfunden.  Jeder zieht sich irgendwohin zurück, zum Schlafen, Lesen, Dösen, Schwimmen. Einfach mal nur Ruhe.

Am frühen Abend gibt es eine ganz besondere haitianische Spezialität für uns: gegrillte Langusten. Den Tag lassen wir ausklingen mit einem letzten Bad im Meer und gehen früh schlafen, weil wir ja am anderen Morgen schon um fünf Uhr los wollen. Wir hatten zwei schöne, ruhige Tage am Meer, haben einen Eindruck von Karibik und Traumurlaub erhalten. Leider holt uns die Realität dann schnell wieder zurück. Um sieben Uhr sind wir in Port-au-Prince, dort tobt bereits der Verkehr und der normale haitianische Wahnsinn hat uns wieder.


Conny Rébert-Graumann und Roswitha Weiss









Montag, 9. April 2012

Letzter Besuch in St. Marc und Bellager.

Vor nun fast zwei Wochen bin ich aus Haiti abgereist und nach einer Woche dringend nötigem Urlaub ist dieses Haiti schon wieder so weit entfernt. Roswitha Weiss, die noch bis 10. April dort ist, hat weiterhin ein volles Programm und schreibt dazu noch täglich einen Bericht. Bis ich alle mails sortiert habe, wird es einige Zeit dauern, deshalb bekommt ihr den letzten Bericht von Samstag schon jetzt und die vorherigen Berichte die nächsten Tage und Wochen. Jeweils Fotos dazu. Conny Rébert-Graumann








Hier nun fast O-Ton Roswitha:
Hatten gestern nochmals einen überlangen Tag. Fuhren schon in Dunkelheit weg, da wir vor 8 Uhr in Bellanger sein wollten. Guivens‘ Auto, seit Donnerstag bis unters Dach voll, ließen wir beim Pater in Cabaret stehen. Packten noch die Sachen aus meinem  Auto auf seine Vordersitze um, damit in meinem Auto alle Sitzplätze frei waren. Guivens, Guerino, Noel und ich - weiter nach San Marc. Wir trafen uns dort mit Montfleury (ein Student aus San Marc, der im Patenschaftskomité mitarbeitet) bei der Schule Fleurencent. Der Pater, Pierre Antoine begrüßte uns und auch der 'Administrator' Roger.
Noel und Montfleuy hatten nun ihre Feuertaufe bei der Kontrolle der Patenschaftsunterlagen.
Anschließend zur nächsten Schule St. St.Trinité. Noel organisierte auch hier wieder seine Akten, lernte wie man Schecks schreibt, machte Fotos. Wir schauten uns die wunderbar angekommenen Schulmöbel an. Wir bekamen die obligatorischen Kokosnüsse zum Trinken und ein Nationalessen aus der Region. Das ist Reis, Algen aus dem Artibonité (schaut aus wie Spinatblätter) und eine Krabbe aus dem gleichen Fluss. Wir unterhielten uns mit dem Direktor über weitere Wünsche der Schule und das haitianische Schulsystem generell. Der Aufbruch war dann aber nicht mehr aufzuschieben, da wir auf dem Rückweg ja noch in Bellager die von Haiti-Kinderhilfe gebaute Schule besuchen wollten. Leider waren wir über eine Stunde zu spät für das versprochene Treffen mit den Kindern in Bellager. Trotzdem waren viele da, denn am Gründonnerstag wurden die Zeugnisse verteilt und der Pater konnte da unser Treffen ankündigen. Begrüßung (2x singen), Hallo von uns und wir packten unsere beiden Autos aus. Die Kinder durften sich nun Gruppen weise aus dem  'Berg' ihre Schultasche raussuchen. Tja, ich denke die meisten durften sich noch nie in Ihrem Leben was 'selber aussuchen'!!!! Auch hier für uns unvorstellbar, dass ein Kind einen Farbstift in die Höhe hebt und juchzt, dass er nun Farbstifte hätte und auch noch Kulis, Bleistifte, Hefte, Lineal, Heftschoner, Handtuch, Trinkflasche, Zahnbürste und Creme.......  Schnell packten die Kinder alles wieder weg, wohl aus Angst, dass man es wieder abgenommen bekommt.
Auch die Lehrer durften sich auf einem Tisch die Taschen selber aussuchen.  Erst der Direktor, dann die Lehrer.
Hier wieder ein dickes Dankeschön an alle, die Rucksäcke, Schulranzen, Umhängetaschen, Aktentaschen spendeten und vollgefüllt zum Container schickten. Ihr habt den Kindern und Lehrern eine Riesen-Freude bereitet.
Es war schön, als eine Lehrerin im Auto immer noch strahlte und meinte: "Mein Gott, als ich diese Tasche sah, wollte ich sie sofort und ich freue mich ja so, dass der Direktor eine andere nahm und ich diese Tasche wirklich bekommen habe!!!!!!" Also auch hier vielen Dank.
Wir hatten noch eine kurze Besprechung mit den Lehrern, wie in St. Trinité San Marc, diskutierten über den Lehrplan, andere Lernmethoden (z.B. mehr Montessori). Auch hier großes Echo –aber ebenfalls das Hauptproblem GELD. Die Lehrer bekommen 400 Haiti$ im Monat. und selbst dieses wenige Geld, das sind ca. 1,50 Euro am Tag bekommen sie ganz unregelmäßig, immer nur wenn der Pfarrer was im Klingelbeutel hat, denn sie werden rein aus Spenden der Messe finanziert. Übrigens: In den staatlichen Schulen ist der Verdienst schon bei 1.500 Haiti$.
Es hat mich sehr berührt, als der noch ganz junge Direktor Jean Claude, der schon bei unserem ersten Besuch Ende Februar einen sehr guten Eindruck machte, erzählte, welche Misere diese Kinder haben. Klar, ist es hier in der Region noch grün, aber die meisten Kinder seien restavec. Letzte Woche bei den Prüfungen z.B. ist ein Junge einfach mitten in den Prüfungen eingeschlafen, bzw. hätte hin und her geschwankt. Als der Direktor fragte was denn sei, erzählte der Junge, dass er jede Nacht, geschätzt um 1 Uhr raus muss und mit der Hand aus einem Eimer, die Felder bewässern muss. Also, ich habe da doch schon sehr geschluckt. Auch hätten die Kinder nichts, kein Heft, keine Bücher, keinen Stift!!!! Die wenigsten bezahlen das Schulgeld von ca. 10 Euro im Jahr. Nach diesem Treffen  ging es noch nach Cabaret und wir trafen uns mit dem Pater für weitere Gespräche bezüglich des Schulgeländes und der Lehrerpatenschaften.  
Leider ist uns die Zeit total davon gelaufen und wir müssen nachts nach Port-au-Prince zurück fahren. Ich hole noch Julia bei Notre Maison ab, bringe Noel in sein Viertel und wir sind um 22 Uhr am Berg - absolut platt, aber mit einem guten Gefühl.
Conny Rébert-Graumann für Roswitha Weiss