Mittwoch, 7. März 2012

Dienstag der 6.3.

Heute morgen sind wir um 6.45 Uhr los. Um 8.oo Uhr Treffen bei Lelen um die Seed-Schule zu besuchen. Die Schule, die aus einer Initiative der Familie Laplanche direkt nach dem Erdbeben für die Kinder der angrenzenden Zeltstadt entstanden ist. Aus dem Provisorium wird immer mehr eine Dauereinrichtung. Die Räume entstanden auf einer Bauruine aus der Vor-Erdbebenzeit.  Das Gebäude wurde bis zum ersten Stockwerk im Rohbau fertig. Die Besitzer waren einverstanden, das unfertige Gebäude der Schulinitiative zur Verfügung zu stellen. So wurde in Schnell-Schlichtbauweise ein Dach montiert, die Außen- und Trennwände aus Sperrholz hergestellt und eine einfache Treppe eingebaut. Im Mai soll im Rahmen eines Schulfestes das Außengelände gerichtet werden. Jedes Kind muss dann eine Pflanze, die den Garten verschönern soll, mitbringen. Im Schulraum sind 62 Schüler in vier verschiedenen Klassenstufen untergebracht. Die Kinder freuen sich sehr über unseren Besuch. Sie singen uns Willkommenslieder und zeigen uns ihre Lernfortschritte. Ein Mädchen der dritten Klasse liest uns ein Kapitel aus einem Leseheft vor und ein Junge der gleichen Klasse kann den Text flüssig wiedergeben. Toll und gar nicht selbstverständlich  in Haitis Schulen. Die Kinder bekommen an dieser Schule musische Anreize bekommen, ab der zweiten Klassenstufe gibt es einen Chor und Flötenunterricht. Während unseres Besuches hatte die Klasse  gerade Musikunterricht. Die Kinder sollen aber auch handwerklich unterrichtet werden. Zwei Jungs der vierten Klassenstufe gelten als absolute Profis  im Flug-Drachenbau. Hier an der Seeds-Schule findet der Unterreicht ab der ersten Klasse in Französisch statt. Für die Kinder ist das im ersten Jahr recht schwierig, da in deren ganzer Umgebung ja nur Kreol gesprochen wird. Frau Laplanche gibt zwei Mal in der Woche Französisch für die Schulanfänger. Ebenfalls wurde ein Sportunterricht eingeführt. Einmal die Woche spielt der Sohn Olivier mit den Kindern Fußball oder Basketball.
Eine Frau richtete während unseres Besuches das Essen. Jeden Tag erhalten alle Schüler eine Mahlzeit, zwei Mal pro Woche warmes Essen, sonst Brot  mit Mamba. Obwohl die Schule ein absolutes Provisorium sein sollte, die durch die Initative der Familie Laplanche  entstand und mit Elternhilfe weiter lebt, scheint sich hier eine dauerhafte Sache zu entwickeln. Ein wunderbarer Esprit wenn man in die Klassen kommt.  Die Kinder ganz offen und freundlich, was auch  nicht in jeder Schule, die wir besuchten so war. Oft machen die Schüler einen verschüchterten, angstvollen Eindruck. Davon war in der Seeds-Schule nichts zu spüren.
Haiti-Kinderhilfe finanziert mit etwa 15.000 Euro jährlich diese Schule. Darin enthalten sind die Miete, die Lehrergehälter, die Lernmaterialien, die Schulspeisung und was sonst noch zu einem haitianischen Schulbetrieb gehört. Wir haben uns überlegt, zur Aufwertung des Schulgeländes einen kleinen Basketballkorb auf dem Pausenhof anbringen zu lassen.
Seeds-Schule/Semence pour l'avenir

Tägliche Mahlzeit wird gerichtet

Julia arbeitet in Notre Maison, Heim für geistig und körperlich Behinderte
einmal tanken bitte
Weiter zu Monsieur Domilus und Schulmöbel angeschaut. Leider gibt es in Haiti keinerlei Stahl- und Metallproduktion, so wird alles Metall importiert und  die Arbeiten sind entsprechend teuer. Eine Schulbank mit Tisch nach unseren Vorstellungen in drei verschiedenen Höhen sehr solide ausgeführt, für drei Kinder kostet etwa 150 Dollar US, ein Schreibtisch für den Lehrer mit einem abschließbaren Schrank kostet etwa 200 Dollar US. Die kleine Schule am Montage Noire soll die Möbel von uns erhalten. Wir werden nochmals mit den ganz genauen Maßen bei Monsieur Domilus erscheinen müssen, da es keine irgendwie geschriebenen Standards gibt.Nächste Station Henfrasa um Ace abzuholen und dann Hertz Autovermietung. Das könnte wieder eine „Geschichte aus Haiti“ sein. Wir verbringen drei Stunden dort, immer mal wieder draußen um entweder am alten oder am neuen Auto was zu schauen und zu kontrollieren. Ansonsten im klimatisierten Raum um immer mal wieder am Vertrag eine Änderung auszuhandeln oder einen Passus zu reklamieren. Endlich scheint alles in Ordnung, wir wollen schon einsteigen, da fällt uns ein, dass wir vielleicht besser noch nach der Tankdeckel-Entriegelung fragen sollten. Das war zuviel des Guten: Plötzlich standen etwa 6 oder 7 Leute um uns und das Auto herum, allerdings wusste keiner so recht, wo denn der Knopf zu finden ist. Unter der Sonnenblende oder unter dem Teppich im Fußraum.  Nachdem alles lokalisiert  war, konnten wir endlich losfahren. Ace war schon ganz ungeduldig weil er wegen seiner Diabetis unbedingt sein Mittagessen à l´heure braucht. Er hat uns in ein nettes Restaurant eingeladen und wir verbrachten eine schöne Stunde bis zum nächsten Termin bei Madame Gertrude Bienaimé vom Notre Maison, dem Heim für geistig und körperlich behinderte Kinder in Sart. Sart liegt am Rand von Cité Soleil direkt in der Einflugschneise des Flughafens. Eine staubige, heiße und laute Gegend. Wir haben Mühe das Anwesen wieder zu finden- alles sieht irgendwie gleich aus. Auf der Kreuzung der Nationalstrasse 1 zu unserer Abfahrt kommt es zu einem Knoten, der alles ,aber auch wirklich alles zum Erliegen bringt, die Autos stehen auf allen Spuren, keiner kann einen Meter fahren, alles ist ineinander verkeilt, keiner steht in der richtigen Fahrtrichtung, weil jeder versuchte irgendwie durch zu kommen. Da kommt ein junger Mann ans Auto- freudenstrahlend unter Tausenden von Menschen trifft ein ehemaliges Patenkind, Orion, auf uns. Er freut sich riesig Roswitha zu sehen. Als er erkennt, wie die Verkehrssituation gerade ist, ergreift er kurzer Hand die Initiative und lotst uns aus dem Stau heraus. Endlich kommen wir im Notre Maison an. Auf dem Nachhauseweg stecken wir natürlich wieder im Stau und brauchen mehr als eine Stunde bis nach Petionville hoch. Wir wollen noch schnell bei Saskia Padberg vorbei und die bestellten Bonbons und Kekse abholen. Als wir im Restaurant Quartier Latin ankommen ist die Freude groß. Rowitha und Saskia haben sich schon lange nicht mehr gesehen. Wir werden überaus freundlich begrüßt und es wird uns ein toller Drink „Rum Sour“ serviert. Der ist nach dem Tag ein richtiges Labsal. Nach und nach laufen hier die ganzen NGO-Leute, die das Nachtleben genießen wollen, ein. Auch viele alte Bekannte von Roswitha. Viel Hallo und Wiedersehensfreude……Eine ganz andere Welt als die, in der wir uns täglich aufhalten. Wir werden bewirtet mit Leckereien und einem weiteren Drink. Ziemlich spät verabschieden uns dann schon recht “Rumseelig“ und machen uns auf den Weg nach Hause.
M
orgen brauchen wir dringend einen freien Tag. Mal richtig  ausschlafen und dann ein paar Stunden hier in den Bergen frische Luft schnappen und wandern.Conny Rébert-Graumann und Roswitha Weiss



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