Wir fahren um 7 Uhr morgens nach Hinche, denn wir wollen
heute die Grundstücke ansehen, die uns über den BND angeboten wurden. Pünktlich
treffen wir uns mit Pastor Guy und fahren ca. 10 km aus Hinche in Richtung Port
au Prince, nach Sapaterre.
Es wird uns direkt angrenzend an die neue Straße ein
Grundstück von 2 Caro angeboten. Es hat rechts einen Hügel und ist links von
einem kleinen Bach eingegrenzt, auch geht ein Rinnsal durch das Grundstück, was
schon mal positiv ist. Die Gegend kommt uns aber trockener vor als das
Grundstück hinter Maissade. Der Preis beträgt 120.000 US $.
Er hätte noch ein weiteres, 10 Caro großes Grundstück in
der Gegend, 2 km näher zu Hinche, bepflanzt mit kleinen Mangobäumen, Bananen
usw. Ein wirklich sehr schönes Grundstück, mitten in der Steppe bei einem
vergleichbaren Preis.
Dann gab es noch ein drittes Grundstück mit einem kleinen
See, auf der anderen Seite der Straße. Wir haben aber leider noch einen Termin
für ein anderes Grundstück, so schauen wir uns dieses dritte Grundstück gar
nicht mehr an, denn der Preis wird noch höher sein.
Also besichtigen wir ein weiteres Grundstück in der
gleichen Ecke, allerdings nur über eine mindestens 3 km lange, furchtbare Piste
zu erreichen! Dann stehen wir vor einem 40 Caro großen Grundstück! Geteilt von
einer tiefen Schlucht, extrem trocken, fast kein Baum. Der Blick von einem Teil
am hinteren Ende des Grundstücks ist sicherlich sehr schön, es ist aber
unmöglich, dort hinzukommen. Und dabei ist es kaum günstiger als die vorher
besichtigten Areale!
Für uns ist das völlig indiskutabel. Die Besitzerin ruft
uns nach kurzer Zeit an und geht mit dem Preis herunter, auch hätte sie noch
irgendwo etwas anderes.
Wir treffen uns aber erst mit einem Notar in Hinche, der
das Mandat für den Verkauf eines weiteren Grundstücks hat. Von Hinche fahren
wir nach Papaye, wieder auf einer furchtbaren, staubigen Piste. Hinter Papaye
halten wir und müssen die Straßenböschung etwa 4 Meter hochkrabbeln, bis wir
auf einem Grundstück stehen. Es ist aber noch nicht das zum Verkauf angebotene
Grundstück. Der Notar trägt glänzende Schuhe, einen gebügelten dunkelbrauen
Anzug, Krawatte, Manschettenknöpfe, und geht mit forschem Schritt rund 500 Meter
durch das meterhohe Gras, durch Gestrüpp, Mais und Hirsefelder auf dasbesagte
Grundstück zu. Das Grundstück hat also wiederum keinen direkten Zugang von der Straße,
der würde an einer Hütte vorbeiführen, also bräuchten wir wieder ein Wegerecht.
Dazu ein Höhenunterschied von 4 Metern zur Straße, den müsste man erst einmal
angleichen. Man kann es sich wie eine Insel vorstellen. Hemmungslos und mit schnellem
Schritt und kurzen Erklärungen, welche der Kaktushecken die Begrenzungen
darstellen, schreiten wir 3 Caro ab. Nicht nur, dass mich alles von den Gräsern
juckt, auch graut es mir wegen der Schlagen, durch so hohes Gras zu gehen. Wir
kommen wieder zum Ausgang, der Preis ist 16.000 US $ pro Caro. Sehr günstig,
aber für unsere Zwecke absolut ungeeignet.
Weiter geht es nach Papayee in das Projekt „MPP“. Es
wurde von einem haitianischen Landwirt als Genossenschaft gegründet. Hier
werden die Moniteure ausgebildet und geschult, die dann im Land zu den Bauern
gehen. Dort lehren sie in Baumschulen Bäume und Gemüse aussähen. MPP vertritt
in Rechtsstreitigkeiten die Bauern, da diese bettelarm, meist Analphabeten und
hier jeder Willkür ausgeliefert sind. Dort hat Baselais einen Teilzeitjob, er
schreibt Artikel und betreut die Internetseite der Bewegung.
Conny interessiert sich für Ziegelbau und ich erinnere mich,
bei einem Besuch vor zwei Jahren etwas in der Art gesehen zu haben, also fragen
wir uns durch, wer wüßte, wo diese zu finden sind. Wir treffen auf einen jungen
Agronom, er studierte in Kuba und ist voller Engagement in diesem Projekt
beschäftigt. Er nimmt sich ganz viel
Zeit für unsere Fragen und Ideen, erzählt von einem Aufforstungsprojekt einer
Gemeinde. Dort muss beim Bürgermeister die Erlaubnis geholt werden, um einen
Baum zu fällen und dafür muss der Antragsteller zehn neue, kleine Bäume pflanzen.
Sie hätten schon sehr gute Resultate in der Region. Er zeigt uns verschieden
Pflanzen, die der Verbesserung der Erde dienen, sowie eine wirklich
beeindruckende Baumschule und Aussaat-Einrichtung. Ausgesät wird in umgedrehten
Autoreifen, die etwas höher auf Holzlatten liegen. Nach dem Aufquellen der
Samen wird dieser entweder in die Erde oder wieder in umgedrehte Autoreifen
pikiert. Dort wachsen dann die Krautköpfe, Tomaten, Paprika usw.
Er weiß von einem Gelände in der Nähe von Maissade und
wir möchten es gerne sehen. Er bietet sich an, mit uns mitzufahren. Wir finden
mit ihm die Ziegelei, ein ganz kleiner Betrieb, aber immerhin arbeitet er
erfolgreich. Danach fahren wir gemeinsam mit dem Eigentümer des Grundstücks
Richtung Maissade. Er erzählt uns, dass er für etwa 2000 Kinder in den Bergen
ein Patenschaftsprojekt in Europa gegründet hat, darüber werden in den
Gemeinden Brunnenbohrungen und was sonst für die Gemeinde wichtig ist finanziert.
Auf dem Weg nach Maissade zeigt er uns eine Maismühle, in der auch für Hirse
und anderes Getreide verarbeitet wird. Betrieben wird sie mit einem Generator,
die Bauern müssen 5 Gourdes, (also etwa 10 Cent) für ein Mamit (ungefähr 2
Liter Volumen) gemahlenen Mais bezahlen. Er zeigt uns bei den verschiedenen
Bauern die Gemeinschaftsbrunnen und immer wieder die Pflanzgärten und
Baumschulen. Man merkt, mit wie viel Herz und Engagement er das Projekt
betreut. Er beklagt sich, dass Bauern und Landwirtschaft für die Regierung keinThema
in den letzten Jahrzenten war und auch heute noch nicht ist.
Wir fahren zu dem angepriesenen Grundstück, mindestens 4
km in die Wildnis über einen fast nicht existierenden Trampelpfad. Irgendwann
geht es nicht mehr weiter und wir müssen zu Fuß gehen. Aber wie immer erklärt
uns auch hier der Eigentümer, dass es kein Problem sei, mit ein „bisschen Arbeit“
eine Straße entstehen zu lassen. Wir zweifeln doch sehr stark daran.
Wir gehen mindestens noch 1 ½ km zu Fuß durch die Felder.
Außer Frage ist es hier landschaftlich wunderschön, umringt von den Bergketten
des Plateau-Central. Von Weitem sehen wir auf langen Stangen drei rote Fahnen.
Wir denken erst, es sei eine Schule, da jede Schule eine haitianische Fahne
hat. Wir werden aufgeklärt, dass dort der Ouanga wohnt, also der Voodoopriester
der Region.
Endlich kommen wir auf dem Gelände an. Es ist links und
rechts von tiefen Schluchten umgeben, es wohnen dort noch einige Alte einsam
und verlassen in Ihren Hütten. Für unser Projekt völlig ungeeignet.
Am Auto angekommen werden wir umringt von Kindern, pudelnackt
– man hat einfach nichts. Conny verteilt unter großem Hallo Bonbons und
Lutscher. 200 Meter weiter stellen wir fest, dass wir hinten einen Platten
haben. Nun heißt es, auf einem sandigen, total schiefen, mit Gräben
durchzogenen Gelände den Reifen zu wechseln. Guerino, eines unserer ersten Patenkinder,
der jetzt ausgebildeter Ingenieur ist, momentan aber arbeitslos und die ganzen
Zeit mit uns unterwegs, organisiert und macht den Reifenwechsel. Wir haben
einen Riesennagel im Reifen. Hoffentlich
haben wir nicht noch einen zweiten Platten, bevor wir nach Maissade kommen und
dort den Reifen flicken lassen können.
Es wird dort dann auch ganz exotisch gemacht. Ein
Gummipfropfen in das Loch, irgendwie über ein kleines offenes Holzkohlefeuer
erhitzt und soll dann wohl halten (Anm. d. Red.: Das wird in Skandinavien auch
nicht anders gemacht!).
Schon wieder ist es dunkel, als wir in Maissade ankommen,
und wir entscheiden uns, nun Nägel mit Köpfen zu machen und das uns schon im
April angebotene, auch jetzt wieder bereits zweimal besichtigte und abgegangene
Gelände zu kaufen. Die gesamte Familie ist anwesend, Schwester, Schwager
Tochter, denn dies sind Familienangelegenheiten.
Wir einigen uns auf einen Preis, machen aber zur
Bedingung, dass wir nur die 3 verschiedenen Gelände zusammenhängend kaufen
wollen und die Besitzer sich einigen müssten.
Erst nach viele Diskussionen können wir uns einigen,
nochmals eine Begehung am anderen Morgen mit allen Eigentümern zu unternehmen. Wir
besuchen danach Pastor Colas und teilen ihm unsere Entscheidungen für die
Schule Billiguy mit.
Zum Glück können wir ein wirklich eiskaltes Bier
organisieren, schaffen es auch nach mehrmaligem Nachfragen wieder kaltes Wasser
zum Duschen zu bekommen und fallen - wie immer - todmüde ins Bett.
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