Mittwoch, 9. September 2015

Bericht aus Haiti- Samstag Teil 4

letzter Teil des Samstags-Berichts von Roswitha:
In PaP angekommen fangen Guerino und ich in verschiedenen Geschäften an und treffen uns dann im letzten Baumarkt, der auch in der Nähe von Bank und Druckerei ist. Wir sind Stunden dort. Alle Artikel sind an Wänden angeschraubt und der Verkäufer erstellt die Liste mit Guerino, danach muss er aber erst im Lager suchen, was da ist, was nicht, was wäre Alternative. Es dauert ewig - einkaufen in Haiti ist wirklich wie Bestrafung. Endlich, das Geschäft ist schon seit einer Stunde geschlossen, können wir bezahlen. Mit den Quittungen können wir die Ware nächste Woche abholen lassen. Laumenaire hat unser Geld von der Bank, er hilft Rachelle und Benson mit dem Patenschaftsprogramm. Wir wollen uns am Nachmittag zum gemeinsamen Essen treffen. Guinter ist erfolglos - ruft immer wieder an, dass wir ihn zwar am Morgen an allen Schlangen direkt in das Geschäft
geschleust hatten, aber keiner dort will ihm eine Proforma Rechnung machen, damit ich dann den Scheck rüberbringen könnte. Proforma ist in Haiti normal. Schlage vor, dass er alles kaufen solle und wenn er die Rechnung in Händen hat, kommen wir und bezahlen, danach kann er sich um die Auslieferung kümmern. Er ruft nach einiger Zeit wieder an, sie wollen ihm nichts verkaufen, schieben ihn einfach in eine Ecke. Nachdem die Druckerei wegen des Schulbeginns länger offen ist, selbst am Sonntag, soll er einfach nur innen warten.
Guinter war die schlechte Wahl für diese Aufgabe. Ich finde in der Druckerei die Frau, die unsere Bestellung am Dienstag übernommen hatte. Sie erinnert sich, findet aber die Bestellung nicht mehr. Wir suchen und schauen gemeinsam in ihrem Computer - endlich, endlich findet sie irgendwo unsere Bestellung, schon mit einer  Proforma und ich kann den Scheck dalassen, bekomme später die Rechnung und die Ware wollen wir erst nächste Woche, da dies eine weitere Schlacht ist. Ich sehe den Direktor, erkläre dass wir zwei Listen von wirklich bettelarmen Schulen aus dem Plateau Central haben. Es dort noch nie Bücher gab und ich gerne diese kaufen möchte. Er muss den Eigentümer fragen, ob ok. Wir einigen uns, dass ich in einer Stunde wiederkomme, so kann ich mich mit dem Patenschafts-Komitee treffen.

Wir treffen uns zum Essen mit Rachel, Benson, Laumenaire, Guerino und Guinter. Rachel übergibt mir die Patenschaftsunterlagen, auch die von Seeds, ihr Scheckbuch, damit ich es mit den Kontoauszügen vergleichen kann, Quittungen der Lehrergehälter von Bellanger. Laumenaire übergibt mir das Bargeld. Alle erzählen und planen viel. Laumenaire wird an Weihnachten heiraten. Benson und Guinter werden Ende September nach Banguage kommen. Benson soll dort im Rahmen eines Elternabends einen Vortrag
halten über die Entwicklung von Kindern, danach werden beide nach Billiguy fahren und dort die Patenkinder fotografieren und die Unterlagen prüfen. Rachelle, Guinter und ich fahren wieder zur Druckerei. Dieses Mal kümmere ich mich direkt selbst um die Bestellungen. Die Listen sind genehmigt worden, und ich darf mich in die Reihe der Schulbestellungen einordnen. Es dauert wieder eine Ewigkeit. Viele Artikel gibt es nicht mehr im System. Dann
prüfen die Besteller immer wieder riesige Pakete mit Bargeld, ob sie noch weiter einkaufen können. Es ist ja schon eine Sonderabteilung. Dort werden aber auch die Gutschriften für den Umtausch gemacht. Eine riesige Schlange bei einer Damen an einem anderen Schalter. Da haben die Eltern das verkehrte Buch gekauft und wollen nun ein anderes. Dramen.....

Schon allein der Tag in dieser Druckerei und das ganze Drumherum könnte Bücher füllen.
Nachdem für mich eh der Tag fast erledigt ist, benötige nur noch auf dem Nachhauseweg etwas Wasser und Lebensmittel, finde ich es extrem interessant und unterhalte mich mit meinen anderen Wartenden. Endlich bin ich an der Reihe. Beide Direktoren unserer Nachbar-Schulen haben mir Ihre Listen gegeben und in drei Bereiche eingeteilt:
Unbedingt Teil 1, falls noch Geld übrig, dann Teil 2, bzw. Priorität 3. Ich stelle fest, dass das Budget nicht mal für die Hälfte der Bücher Teil 1 ausreicht, sprich die 2000 US $, was sie von Ihrem verfügbaren Betrag hatten, sind schon weg. Bestelle also nur einen Teil. Muss dann mit den Direktoren diskutiert werden.
Ich erkläre in der Druckerei, dass ich nichts heute mitnehme, sondern erst nächste Woche abholen werde.
Guinther bekommt etwas Geld, alle Rechnungen und ist nun verantwortlich für die Auslieferung in der nächsten Woche. Allerdings muss ich noch den Transport organisieren. Wird schon irgendwie klappen.

Der Pickup ist voll mit Waren. Auf der Ladefläche alles unter einer Plane versteckt und verschnürt. Der Rücksitz voll mit Farbeimern, Stoffen usw. Ich lege meinen Rucksack mit all meinem Hab und Gut, bzw. Unterlagen des Tages auf die Eimer, da ich sonst nicht fahren kann. Rachelle ist mit mir. Es ist schon dunkel. Wir kommen in Petionville an, stehen im Stau. Auf einmal wird die Tür aufgerissen, ich spüre eine Hand hinter mir, die meinen
Rucksack hat. Springe aus dem Auto laufe in die Richtung wo ich denke, aber der Mann verschwindet sofort in der Masse mit meinem Rucksack. Ein Polizist ist vielleicht 10 Meter weiter an der Kreuzung. Wir bitten um Hilfe, aber er meint wir sollen zum Kommissariat gehen und dort eine Meldung machen, damit wir die Dokumente wie Führerschein beantragen könnten. Vielleicht hätten wir auch Glück und die Dokumente werden weggeschmissen und ich bekomme sie wieder. Allerdings sei das Kommissariat erst wieder am Montag ab 9 Uhr geöffnet.
Das Auto verriegelt sich normalerweise immer automatisch und man kann selbst nicht aussteigen, wenn man es nicht über den Schlüsselanhänger freigibt. Warum die Türen nicht verriegelt waren, nachdem Guinter ausgestiegen ist, warum ich es nicht wie sonst immer fanatisch kontrolliert habe um ja sicher zu sein, ich weiß es nicht. Bin wie geplättet. Das Geld, ca. noch 1500 in US $, sowie das Geld der Bank für unsere Kasse in
Banguage, sowie noch mein Geld in Gourdes - total ca 5000 Euro. Unsere Scheckhefte der 3 Konten, meine ganzen Dokumente des Patenschaftsprogramms, sowie die Quittungen der Einkäufe des Tages, die wir auch zur Abholung benötigen, meine Hefte mit allen Notizen, Namen und Telefonnummern, Foto.......ich hatte Gott sei Dank nicht meinen Laptop dabei und mein Telefon lag so im Auto. Nicht nur der Diebstahl auch am Montag die ganzen Gänge von Polizei, was nach meiner Erfahrung des gestohlenen Ersatzreifen vor einem Jahr, 1/2 Tag sein wird. Auf der Bank müssen die Konten gesperrt werden, in den Geschäften sofort die Einkäufe blockiert. Wir wollten Montag ganz früh nach Bangage fahren, da wir am Mittwochabend wieder zurück in PaP sein müssen um die Eisenfenster auszusuchen und den Transport der Solaranlage planen wollten.

So endet eine eigentlich sehr gute Woche miserabel.

Bin leicht depressiv, liebe Grüße
Roswitha

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