Sonntag, 28. Februar 2010

neuigkeiten aus haiti 22

Liebe FreundInnen Haitis,


heute habe ich die Fotos von Stephan zugeschickt bekommen. Die Kopfwunde des verletzten Patenkinds Emmanuel verheilt schön, ihm fehlt es aber an ärztlicher Nachversorgung. Stephan zeigte sich sehr verwundert, dass eine solche Naht unter den hygienischen und klimatischen Bedingungen ohne Entzündung überhaupt verheilen kann. Die Familie Assous lebt auf dem nackten Erdboden unter einer Plane, die sie selbst kaufen musste. Für niemanden in der fünfköpfigen Familie gibt es auch nur eine Matratze, die Familie hat weder Kochutensilien noch Wechselwäsche. Von internationaler Hilfe haben die Assous noch nichts gespürt. Ähnliche Verhältnisse fand Stephan in einer zweiten Patenfamilie vor, deren Namen er leider nicht mitgeteilt hat. Dort traf er auf ein halbseitig gelähmtes Kind, das noch kein Arzt gesehen hatte, das auf dem blanken Boden lag und das einen Geruch verströmte, der nach Amputation roch.


Für genau solche Kinder wird unser Programm zur kostenlosen medizinischen Behandlung von Kindern in der Tagesklinik des "Centre de Santé de Notre Dame de Lourdes" sein. Das Projekt nimmt Formen an. Die ärztliche Leiterin, Dr. Guerlaine Laplanche, und Stephan besprechen momentan die Details der Abrechnung - auch in Haiti wird sozusagen über Fallpauschalen und Kopfprämien diskutiert... Immerhin, es stehen nur noch zwei Varianten zur Debatte, der Haiti-Kinderhilfe-Vorstand wägt zurzeit deren Risiken ab und wird in Kürze eine Entscheidung treffen. Wir halten Euch auf dem Laufenden.


In der Klinik hat inzwischen eine holländische Organisation die Behandlung der Erdbebenopfer übernommen. Dafür wurden zwei Zelte vor dem Krankenhaus aufgebaut. Es werden vor allem Knochenbrüche und Fleischwunden behandelt, auch Amputationen kommen regelmäßig vor. Das Centre de Santé hat alle seine sieben Krankenschwestern und das Labor für die ausländischen Ärzte abgestellt. Dadurch muss es die "normalen Patienten" - Kinder mit Durchfall, Erbrechen, Malaria, Krätze und vor allem Dehydrierung - meistens wegschicken. (Sobald unser Programm beginnt, werden mindestens zwei weitere Schwestern und ein Arzt/eine Ärztin für die Tagesklinik zusätzlich eingestellt.) Unser mobiles Ultraschallgerät, das wir aus Fürstenfeldbruck gespendet bekommen und mit dem Container hinüber geschickt haben, gibt gerade in diesem Dauereinsatz seinen Geist auf. Die Bilder sind immer weniger aussagekräftig. Stephan versucht, über die Siemens-Nothilfe ein neues Gerät aufzutreiben. Die haitianischen und die holländischen Ärzte wären begeistert.



Auf dem Henfrasa-Gelände sind inzwischen UN-shelter-boxen, also regensichere Zelte, verteilt worden. Auch gibt es mittlerweile Waschgelegenheiten und Latrinen. Die Bilder sprechen für sich. Ich denke, wir haben mehr Innenausstattung beim bescheidensten Campingurlaub...



Wasserverteilstelle des deutschen THW

Derzeit versuchen wir außerdem, bei der UNO 100 shelter-boxen für unsere Patenkinder und ihre Familien zu erhalten, damit Emmanuel und Co ein regensichereres Dach über den Kopf erhalten. Es regnet bereits jeden Abend für etwa eine Viertelstunde, und da entstehen schon kleine Sturzbäche. Als registrierte NGO haben wir zwar Anspruch auf die Zelte, aber da viel zu wenige Port-au-Prince erreicht haben, entscheidet der Koordinator nach Dringlichkeit. Mal sehen, ob wir die Verhältnisse dramatisch genug geschildert haben. Wir bauen darauf, dass die UN-Verteilwege noch immer nicht ausgebaut sind, und die Verantwortlichen vielleicht froh sind, wenn wir die Ausgabe übernehmen. Auch hier halten wir Euch natürlich auf dem Laufenden.


So viel für jetzt, Kenbé fem und liebe Grüße,
heike fritz

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